Ob sich Mitleid passivieren lässt?
Ebenfalls unter fremden Menschen ist Bedauern in keiner Weise selbstverständlich, stattdessen bleibt vorwiegend Angeschlossenen der eigenen Schar gewidmet. Die Geschichte liefert etliche Beispiele, darunter die Sklavenattitüde vormaliger Zeiten und die grauenhafte Ermordung der Indios durch die spanischen Soldaten nach der Entdeckung Amerikas: Die Alteingesessenen wurden einfach keinesfalls als identische Menschen angesehen. Sowie der Andere als minderwertig oder gar als Feind bezeichnet wird, versiegt Mitleid womöglich – das beweist nicht letzten Endes die jüngere Historie Deutschlands auf grauenhafte Weise.
Ohne Verständnis kein Gemeinsames
Eine empathielose Gesellschaftsstruktur ist langfristig keineswegs überlebensfähig. Die Bereitschaft, Vergegenwärtigung für andere zu haben, persönliche Relationen zu knüpfen und Krisensituationen zu verhüten, ist weiterhin die Ausgangsebene für ein funktionsfähiges Zusammenleben. Welche Person die Gefühlsbewegungen der anderen nicht spürt und deren Interessen durchgehend übergeht, hat dereinst viele Feinde und ist abseits. Doch wenn die Eignung zu Anteilnahme und Mitgefühl unentbehrliche Elemente des menschenwürdigen Zusammenlebens sind und eine Tugendhaftigkeit darstellen, aus welchem Grund finden wir es dann so unschön, selbst Sympathie zu erwecken?